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Deutschland hat den Super-GayDU&ICH FRESHBOY 2003Gratulation!!! Der Freshboy 2003 heißt Alexander Freier (rechts), ist 17 und kommt aus Berlin-Köpenick! Die wichtigste WAHL . . . ist die DU&ICH-Freshboyaktion im Land nicht. Noch nicht. Was sich allerdings ändern könnte, vielleicht auch wegen des DU&ICH-Freshboy 2004. Alles über den Gewinner Alexander Freier, die Wahl in Hamburg, die Kandidaten und warum sich die Jungs so wohl gefühlt haben. Der Report von Jan Dimog Tanjuaquio Berlin, im Jahre 2008. Das Jubiläum endete im kollektiven Sektrausch. Es war ein großes Rumgeknutsche und ein heilloses Chaos sich umarmender Oberkörper mit Händen und Köpfen dran. Was sich wie eine Sexparty anhört, waren die Feierlichkeiten zum fünfjährigen Bestehen der DU&ICH-Freshboyaktion. Die Redaktion hatte die Freshboyfinalisten des Jahres 2003 nach Berlin eingeladen, um die damalige Premiere und die Freshboy-Pioniere bei der Wahl in Hamburg zu zelebrieren, denn der gute HH-Kussgeist lebte auch fünf Jahre später noch. Mittlerweile ist aus der einst kleinen Veranstaltung eine der wichtigsten Mister-Wahlen des Landes geworden, bei denen sich Mode-Hipster, Attac- Aktivisten und Landeier zwischen 16 und 26 Jahren zur Freshboywahl stellen. Eine Veranstaltung, die großes mediales Interesse hervorruft. Journalisten, TV-Reporter und Kamerateams stürzen sich auf die Kandidaten, um deren Statements zu bekommen, der Sieger fährt Gewinne ein, wie sie sonst nur Top-Ten-Tennisprofis einheimsen, und das Land wird in der Zeit nach der Wahl mit Homestorys über die Freshie-Schnuckels bombardiert. Spekulation? Zukunftsmusik? Klar, trotzdem könnte es sich so entwickeln. Bis letztes Jahr hat auch niemand gedacht, dass Dieter Bohlen Bestseller- Bücher schreibt. Vielleicht können sich die Freshboys tatsächlich eines Tages nicht mehr vor Interviewfragen retten, sind ihre Gesichter und Körper in den opulenten Fotostrecken der Hochglanzmagazine fast so gefragt wie die Gesichter und Körper von Topmodels, Schauspielern und Popstars. Wissen wir nicht. Denn sowohl für die Freshboykandidaten als auch für das DU&ICH-Team war die diesjährige Aktion eine Premiere, die gelungen war. Eine sicherlich verbesserungswürdige und nicht perfekte Veranstaltung, aber wir wissen, dass wir mit dieser Aktion Recht hatten. Schon allein wegen Dialogen wie diesen: Dieser Pickel stört mich! Den kriegen wir auch noch weg!, antwortet Jutta. Und kann ich noch Puder auf den Hals bekommen! Aber sicher! Jutta, die Visagistin, hat viel zu tun. Die Gepuderten sind heute Abend anspruchsvoll und eitel: Dürfen wir vorstellen die Finalisten der DU&ICHFreshboywahl 2004! Vielleicht liegt die Gefallsucht in den Genen des schwulen Mannes, möglicherweise will sich hier keiner unter Wert präsentieren, ganz sicher ist jedoch, dass sie gleich auf die Bühne gehen und alles stimmen, alles passen muss. Vom übergepuderten Pickel zur besten Hose des Kontinents bis zur genialsten Frisur, die die Welt je gesehen. Klingt übertrieben? Ist es auch ein bisschen, denn die aus den verschiedenen Teilen des Landes angereisten Freshboy-Kandidaten achten auf Äußerlichkeiten ohne oberflächlich zu sein, sind modebewusst ohne Modeopfer zu sein. Und sie haben etwas zu sagen. Haben eine Meinung zu schwulem Leben in der Provinz und der Großstadt, zu Toleranz und Diskriminierung, die sie am Wahlwochenende auch kundtaten. Einige lauter, die anderen stiller, aber nicht weniger vehement und eindeutig. Nix ist mit der dumpfbackigen MP3-Jugend der um 1980 geborenen. Deshalb sind sie hier. In Hamburg, in der Endausscheidung der Freshboywahl 2003. Am Anfang war das Gähnen. Über schwule Vorbilder, die zu alt sind oder die es nicht gibt. Wo ist ein junger, offen schwuler MTV-VJ? Ist der Superstar- Kindergärtner Daniel Küblböck ein Vorbild für die Junghomos? Traut sich die SMS-Generation nicht raus? Kein Plädoyer für den grassierenden Jugendwahn. Uns schwebte eher eine Hilfe zum Finden des Mosaiksteins, den junge schwule Männer zwischen 16 und 30 in ihre Welt einfügen und mit dem sie sich identifizieren können. Nach diesen Überlegungen im DU&ICH-Team gab es Gespräche mitVertretern von LSVD Fresh, der Jugendgruppe vom Lesben- und Schwulenverband Deutschlands (LSVD). Das Ziel:einen Vertreter der Twennies zu finden, der natürlich gut aussieht, eine eigene Meinung hat und diese auch der Öffentlichkeit mitteilen kann, dem bewusst ist, dass ein offen schwules Leben ein Privileg ist, das selbst im 21. Jahrhundert nicht überall in Deutschland gewährt wird. Denn der DU&ICHFreshboy 2003 soll für ein Jahr Botschafter und Aushängeschild der jungen schwulen Community in Deutschland sein. Kurz darauf, pünktlich zum Beginn der diesjährigen CSD-Saison, wurde die Aktion initiiert. Die DU&ICH (Nr. 401) rief zur Bewerbung und Beteiligung an der Wahl zum Freshboy auf. Nachdem sich etwa hundert Jungs beworben hatten, stellte die DU&ICH-Redaktion dreißig von ihnen vor, die dem idealen Freshboy am nächsten kamen. An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an die DU&ICH-Leser, die sich an der Vorauswahl sehr fleißig per E-Mail oder Brief beteiligten und der Redaktion ein eindeutiges Votum für die besten zehn abgaben! Damit hatten wir die zehn Finalisten und traten in die heiße Phase der Freshboyaktion. Wie findet ihr dieses T-Shirt?, fragt Carsten, 23, aus München. Nicht so toll, kommt die Antwort aus der anderen Ecke von Tobias, 21, aus der Oberpfalz, der mit dem ungewöhnlichsten Job aufwarten kann: Offiziersanwärter bei der Bundeswehr. Die Stimmung im Umkleide- und Aufenthaltsraum für das DU&ICH-Team und die Finalisten ist geschäftig, jeder ist mit sich und seinem Ich-stechealle- aus-Outfit beschäftigt. Es sind noch 60 Minuten, bis die Türen des Schmidts Tivoli aufgehen. Das altehrwürdige Theater mitten auf der Reeperbahn ist am heutigen Abend nicht nur Veranstaltungssaal für The Happening, eine der größten Homopartys der Stadt das prachtvoll restaurierte Jahrhundertwende-Gebäude ist auch Schauplatz des Finales der Freshboywahl, die als 40-minütiger Showblock in die Party eingebettet ist. Dann zieh halt das andere T-Shirt an!, kommt der Ratschlag von Dennies, 23, aus Hamburg, an den unschlüssigen Carsten, der sich endlich entscheidet und sein Wohlfühlhemd anzieht. Dass sich die acht Finalisten wohl fühlen, ist das Wichtigste. Moment, acht? Ja, acht, denn zwei der ursprünglich zehn Finalisten fühlten sich anscheinend nicht so wohl, aus welchen Gründen auch immer, so dass sie sich frühzeitig verabschiedeten. Also sind es acht Jungs, neben Carsten, Tobias und Dennies sind im Aufenthaltsraum noch die beiden Berliner Alexander, 17, und Daniel, 20, Lars (20, Gera) Steffan (22, Lüchow) und Ralf (19, Flacht bei Stuttgart) dem zwei Stunden zuvor der Wohlfühlfaktor beim gemeinsamen Abendessen im Restaurant abhanden gekommen war. Stichwort:Toilettengänge. Wie, ihr seid nervös?, kam die etwas böse Frage seitens des DU&ICH-Teams. Ja, natürlich, ihr müsst ja auch nicht auf die Bühne!, antwortet Ralf im schönsten Schwäbisch. Stimmt, vor allem nicht dann, wenn mehrere hundert Leute einen anschauen! Na, danke!, und dann ging es wieder zum Klo. Trotzdem war dem DU&ICH-Team der Wohlfühlfaktor mindestens ebenso wichtig wie die eigentliche Wahl. Deshalb klingelten die Telefone der Redaktion unentwegt wegen der Wahl und ein Großteil der ankommenden E-Mails hatte den Betreff:Freshboy 2003. In der heißen Phase der Vorbereitung war ein Tag in der DU&ICH-Redaktion voll gestopft mit Besprechungen, weiteren Telefonaten und noch mehr E-Mails und Faxen, die hinausgeschickt wurden. Das Ergebnis des Wohlfühlwochenendes: Ankunft aller Beteiligten in Hamburg am Freitag, den 17. 10. Es folgte eine lange Freitagnacht in zwei Discos, ein Samstag mit entspannten Fotoshootings in Angies Nightbar und an der Außenalster, einem netten gemeinsamen Abendessen und die Wahl im Schmidts Tivoli mit Pannen (Oh, das ist ja gar nicht mein Bühnenplatz!), Peinlichkeiten (Oh, Musik und Moderation passen ja gar nicht!), großen Momenten, einer prominent besetzten Jury und der Sonntag mit Kater, Müdigkeit und dem Gefühl, ein tolles Wochenende in Hamburg verbracht zu haben. Aufgeweckt und einige sind nicht auf den Mund gefallen!, meint Jurymitglied und Fotograf Henning von Berg im Vorfeld über die acht Finalisten. Sein Berufskollege und ebenfalls Juror Will Mc- Bride seinerseits holt einfach nur seine Leica heraus und beginnt gleich mal zu fotografieren. Das dritte Jurymitglied und ein echtes Hamburger Original, Corny Littmann, fragt sich derweil, warum nicht auch der süße Moderator Stefano Sellwich Freshboykandidat ist. Corny, ganz einfach: Stefano ist sehr engagiert, sehr schwungvoll und sehr hetero. Das merkt man doch!, ruft Alexander, der jüngste Kandidat, in die Runde, und wie man schnell merkt, gehört er in die Kategorie frech und mitteilsam. Überhaupt, der Clash of Cultures: Die Introvertierten werden von den Extrovertierten überrollt, die sich an die Schönen klammern und abblitzen, weil tiefe Wasser manchmal doch spannender sind als zischende Geysire, die sich nicht lang in der Luft halten können. Kurzum: Die Klassenfahrt- Variante der DU&ICHisierten Popstars- Fame-Academy-Wahl ist ein Riesenspaß, auch dann noch, als die Jungs bei der Mikro- und Bühnenprobe merken:Scheiße, jetzt gehts los! Wo steh ich dann noch mal? Und wohin geh ich, wenn die erste Runde, diese Interviewrunde, vorbei ist? Komm ich bei der Bademodenrunde auch hier raus? Viele Fragen, viele Antworten, große Körpertemperaturschwankungen, noch größere Zuschauermengen, die dann zu Hunderten vor der Bühne des Schmidts Tivoli stehen. Heute, Sonntagnacht, den 19. 10. 2003, um 0. 50 Uhr. Knapp 45 Minuten später ist alles vorbei. Der prächtige Gewinnerblumenstrauß liegt in der Ecke. Der Garderoben- und Maskenraum ist verlassen, leere Sektflaschen stehen dumm rum und werden nicht mehr gebraucht. Weil einige Jungs tanzen und sich in die Menge mischen. Weil der Rest der Freshies oben im Aufenthaltsraum ist und nicht glauben kann, dass alles vorbei sein soll. Und weil tatsächlich der Jüngste gewonnen hat. Alexander Freier, 17, aus Berlin-Köpenick: Das Hauptmännchen aus Köpenick, gescheit und wortgewandt, das sehr erwachsen und zugleich sehr kindlich wirkt. Und genau weiß, dass sein Talisman, ein kleines Kuscheltier, beim Publikum das hervorruft, was er möchte:Oh, wie süß! Deshalb und weil er etwas zu sagen hat, kommt er, laut Wertung der Promijury, unter die letzten vier mit Carsten, Steffan und Tobias. Weil das Finale vom Publikum entschieden wird, müssen Tobias und Steffan gehen, die die Zuschauer nicht von sich überzeugen konnten. Jetzt also nur noch Carsten und Alexander. Stefano ruft die Menge zum Applaus für ihren Favoriten auf. Beim ersten Durchgang gibt es keinen eindeutigen Gewinner, dann lässt Stefano noch mal klatschen und pfeifen. Diesmal ist alles klar. Der DU&ICH-Freshboy 2003 ist Alexander Freier! |
Alexander in Aktion Frechheit siegt. Nicht nur im Tivoli, auch in der Schule. Alexander ist Schülersprecher und als solcher fand er, dass endlich etwas gegen Schwulen- und Lesbenfeindlichkeit getan werden müsse. Überall. Also ging er mit Vertretern der Schülervertretung zum Lehrerkollegium und zum Schuldirektor und konnte sie für eine Unterschriftenaktion gewinnen, die seine Schule zum homofreundlichen und rassismusfreien Ort deklariert. Weil Deklarationen schön und oft genug auch hohl sind, soll diese Aktion mit Leben gefüllt werden, mit Schulprojekten, Arbeitsgruppen, Aktionstagen. Mittlerweile häuft der Freshboy die Titel an wie andere ihre Schulden: Er ist Vorstand des Bezirksschülerausschusses Berlin-Treptow-Köpenick, ist zudem noch Vertreter im Landesschülerausschuss und im Landesschulbeirat, wobei der Beirat das wichtigste Schulgremium des Landes Berlin ist:Ich vertrete einige zehntausend Schüler in Berlin!, sagt er. Und obendrein ist er jetzt für ein Jahr der Botschafter der jungen schwulen Community. Noch mehr Arbeit für den Vielbeschäftigten, der sich schon darauf freut, in den Medien und der Öffentlichkeit als DU&ICH-Freshboy 2004 aufzutreten. Fotoshooting:
In DU&ICH 405: Der Freshboy 2004 Alexander Freier spricht über homofreundliche Schulen, komische Beziehungen und die Wahl in Hamburg. Fotografiert von Will McBride |
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